Bei seinen Aufnahmen ist der Fotograf nicht auf das vorhandene Licht beschränkt. Er hat viele Möglichkeiten, es zu steuern, zu erweitern und zu lenken. Mit diesem Artikel geben wir einen ersten Überblick und starten damit eine Serie zur Bildgestaltung mit Licht.
Wahrscheinlich beginnt so ziemlich jeder zweite Artikel zum Thema „Beleuchtungstipps“ mit den letzten Worten Goethes, der auf dem Sterbebett angeblich „Mehr Licht!“ forderte. Gefolgt wird eine solche Einleitung dann von ausufernden philosophischen Exkursen über das Wort „Fotografie“, das sich aus zwei griechischen Begriffen zusammensetzt, die gemeinsam übersetzt etwa „Malen mit Licht“ bedeuten.
Das alles ersparen wir uns, sondern steigen an dieser Stelle direkt in die Grundlagen der Lichtführung und des notwendigen Zubehörs ein.
Ohne Licht lässt sich kein Foto aufnehmen, sondern nur eine pechschwarze Fläche auf dem Abzug erzeugen. Erst durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten können wir in der zweidimensionalen Darstellung eines Fotos dann Formen, Gesichter und andere Dinge erkennen. Doch wie das Licht das aufgenommene Foto formt, hängt maßgeblich vom Fotografen ab. Grundsätzlich hat er drei Möglichkeiten, mit Licht zu arbeiten:
Ganz grundsätzlich unterscheidet man in der Fotografie zwischen hartem und weichem Licht: Hartes Licht kann durch eng gebündelte Lichtquellen entstehen, aber auch helles Sonnenlicht am Mittag erzeugt wie hartes Scheinwerferlicht sehr stark akzentuierte Kontraste. Es wird daher eingesetzt, wenn Strukturen oder Formen besonders betont werden sollen und kann etwa bei Aufnahmen einer schroffen Felsenlandschaft wirkungsvoll sein.
Genau das Gegenteil ist dagegen bei Porträtaufnahmen gewünscht, denn hier lässt hartes Licht jede Pore oder Hautunreinheit unverhältnismäßig stark hervortreten. Auch technische Aufnahmen, also etwa Produktfotos, wirken durch extreme Spitzlichter und harte Schatten künstlicher als erwünscht. Daher bevorzugt man eine diffusere Beleuchtung, die als „weiches Licht“ bezeichnet wird. Man erreicht dies, indem man bei Tageslicht den frühen Morgen oder die Nachmittagsstunden abwartet oder sogar nur einen bedeckten Himmel nutzt, weil man damit ein schmeichelndes Licht produziert. Im Studio oder bei Blitzeinsatz muss man mit größerem technischen Aufwand arbeiten. Lichtformer und so genannte Softboxen sorgen dafür, dass die Kontraste weicher werden.
Tageslicht hat einige Vorteile: Es steht in riesigen Mengen zur Verfügung und ist zudem kostenlos. Der Nachteil: Es fällt nicht immer so aus, wie man es sich für die Aufnahmen wünscht.
So ist zum Beispiel die bekannteste Faustregel, nach der bei Porträtaufnahmen der Fotograf die Sonne im Rücken haben sollte, überhaupt nicht empfehlenswert. Zum einen fallen die Strukturen im Bild durch die Frontalbeleuchtung sehr flach aus, so dass die Konturen eines Gesichts nur zweidimensional wirken. Zum anderen blicken die Porträtierten zwangsweise ins Licht, wodurch bei der starken Helligkeit im wörtlichen Sinne ein verkniffener Gesichtsausdruck entsteht. Besser ist ein seitlich einfallendes Licht der schon tiefstehenden Sonne, das farblich deutlich wärmer ist und durch weiche Schatten die Konturen des Gesichts herausarbeitet, ohne Hautunreinheiten unvorteilhaft zu betonen.
Je weiter sich das Licht auf der Seite oder sogar hinter dem Porträtierten befindet, desto größer wird aber die Gefahr des Gegenlichts. Das führt im schlimmsten Fall zur Darstellung der Person als schwarzer Schattenriss vor hellem Hintergrund. Folglich muss man den Vordergrund aufhellen, wozu es mehrere Möglichkeiten gibt. Besitzer von kleinen Kompaktkameras sollten den integrierten Blitz zuschalten, der für eine Aufhellung sorgt. Das Beispielbild des kleinen Mädchens unten zeigt, dass mit dem Blitz ein sehr stimmiges Ergebnis erreicht wird.
Ein noch schönerer und natürlicherer Eindruck lässt sich aber mit Faltreflektoren erzeugen, mit denen das Umgebungslicht in Richtung der aufgenommenen Person gelenkt wird. Diese Faltreflektoren sind in vielen Größen und mit sehr unterschiedlichen Oberflächen erhältlich. Neben dem klassischen weißen Reflektor, den man auch durch eine simple Styroporplatte ersetzen kann, gibt es Reflektoren mit einer Goldfolien-Beschichtung. Sie sorgen für ein wärmeres Licht und somit schönere Hauttöne. Einer der wichtigsten Hersteller von Lichtreflektoren ist die Firma California Sunbounce, die eine Vielzahl von Lösungen und zudem auch „Lichtabhalter“ in verschiedenen Größen anbietet. Regelmäßige FOTO HITS-Leser kennen das Unternehmen bereits, da es auch die FOTO HITS-Workshops von Guido Karp mit Rat und Material unterstützt.
Eingangs wurde die Notwendigkeit von Licht für gute Aufnahmen betont, manchmal gibt es davon sogar zuviel. Bei Aufnahmen am Strand oder im Schnee zum Beispiel wird das Tageslicht vom Untergrund reflektiert und die Szene dadurch extrem hell. Hier sind Reflektor oder Aufhellblitz teilweise überfordert und man muss mit Sonnensegeln oder auch einfachen Bahnen aus hellem Stoff (Leinen), die außer- und oberhalb des Bildausschnitts aufgebaut sind, das Licht des Himmels dämpfen.
Diese Sonnensegel oder die bereits erwähnten Lichtabhalter sind wie die Reflektoren im Fotofachhandel erhältlich. Da sie im Gegensatz zu Faltreflektoren häufig sehr groß sind und einen stabilen Aufbau per Stativ benötigen, sind sie für normale Urlaubsfotos nicht angebracht. Bei Katalog- und Modefotos kommen solche Systeme aber ständig zum Einsatz.
Fast jede Kamera besitzt ein eingebautes Blitzgerät, mit dem sie in dunklen Situationen für eine Aufhellung sorgt. Das Problem: Die integrierten Lösungen sind nicht besonders kräftig und können nur den Bereich unmittelbar vor der Kamera aufhellen. Meist ist ihr Radius auf zwei bis drei Meter beschränkt, so dass Personen im Vordergrund korrekt aufgenommen werden, der Hintergrund aber im Schwarz versinkt. Um das zu korrigieren, kann man auf zwei Strategien setzen.
Diese Systemblitze besitzen auch eine erheblich höhere Reichweite als die integrierten Blitzgeräte. Um ihre Leistung zu beurteilen, wird die so genannte Leitzahl angegeben, meistens in Form einer Abkürzung wie „LZ 12“. Die Leitzahl gibt die maximal mögliche Reichweite in Metern an, die der Blitz bei Einsatz eines Objektivs mit größtmöglicher Blendenstufe von 1:1,0 und bei ISO-100-Empfindlichkeit von Film oder Bildsensor besitzt. Für andere Einstellungen oder Objektive muss man die maximale Entfernung umrechnen. Bei Einsatz einer Optik mit maximal möglicher Lichtstärke von f/3,5 beträgt die Reichweite bei ISO 100 genau 12 m/3,5=3,42 m.
Systemblitze arbeiten mit Schwenkreflektoren, um das Licht indirekt auf das Motiv zu lenken und somit einen weniger künstlichen Eindruck zu erzeugen. Mit einer so genannten Blitzschiene lässt sich das Blitzgerät zudem von der Kamera entkoppeln, es muss also nicht direkt auf deren Zubehörschuh installiert werden. Auch dadurch lässt sich das Licht indirekter einsetzen und ein natürlicherer Eindruck erzielen. Außerdem reduziert man damit die Gefahr des Rote-Augen-Effekts, der hauptsächlich bei kleineren Kompaktkameras entsteht, deren Blitz sich sehr nah an der optischen Achse befindet. Bei diesen Modellen wird das Licht bei frontalen Porträtaufnahmen von der Netzhaut als rötlicher Schein direkt in das Objektiv reflektiert.
Im Studio ist der Fotograf absoluter Herrscher über das Licht. Er kann es formen, lenken und durch Filterfolien sogar in seiner Farbigkeit ändern. Dazu bedient er sich umfangreicher Lösungen, die im Falle der leistungsstarken und großen Studiosysteme sogar in einen externen Generator zur Stromversorgung und das eigentliche Blitzlicht aufgeteilt sind. Kompaktlösungen für das heimische Amateurstudio kombinieren beide Elemente in einem Gehäuse. Wichtige Eigenschaften sind:
Für Einsteiger in die Studiofotografie empfehlen sich Gesamtpakete, wie sie etwa Hensel anbietet. Sie bestehen aus ein bis zwei Blitzgeräten, die zudem mit Lichtformern wie Softboxen sowie einer stabilen Tasche geliefert werden, um das gesamte System in kompakter Form einfach zu transportieren.
Neben klassischen Blitzsystemen gibt es zudem Lösungen mit so genanntem Dauerlicht. Dies können entweder als Flächenleuchten auf fluoreszierenden Leuchtmitteln basieren oder Systeme sein, die mit Halogenlicht arbeiten.
Die Firma Hedler bietet zum Beispiel mit den Digi C-Kit-Systemen entsprechende Produkte an. Als Zusatznutzen eignen sie sich auch für Videoaufnahmen.
Als weitere Alternative bietet Kaiser Fototechnik eine Reihe unterschiedlich großer Flächenleuchten mit fluoreszierenden Lampen an, die mit hochfrequenten Vorschaltgeräten arbeiten und daher ein flackerfreies Licht erzeugen, das farblich etwa dem Tageslicht entspricht.
High- und Low-Key-Aufnahmen sind zwei Aufnahmeformen, bei denen die Lichttechniken ganz besonders auffallend sind. Bei Low-Key-Aufnahmen heben sich die fotografierten Objekte nur in Teilen von einem dunklen Hintergrund ab. Sie werden für Schwarzweiß-Aktfotos oder Porträts (siehe oben) genutzt, weil durch die Beleuchtung reizvolle abstrakte Grafiken entstehen. Auch für Stillleben eignen sich Low-Keys, weil sie die Objektfarben vor dem dunklen Hintergrund betonen.
Bei High-Key-Bildern ist es anders herum: Hier nimmt man das fotografierte Objekt vor weißem Hintergrund auf, um helle Motivbereiche mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Nur die kontraststarken Bestandteile sind deutlich erkennbar – bei Porträts sind das etwa Augen, Mund und Nase. Auch Blumen werden gern so fotografiert, weil die Bilder einen feinen, ätherischen Charakter erhalten.
Durch die digitale Fotografie und ihre Bearbeitungsmöglichkeiten auf dem PC ist die Produktion beider Versionen einfach geworden. Bei der Aufnahme sollte man darauf achten, dass eine gezielte Belichtungseinstellung durch eine Spot- oder manuelle Messung auf das Hauptmotiv durchgeführt wird und man den Hintergrund wissentlich ignoriert. Zusätzlich lassen sich die High- und Low-Key-Effekte in der Bildbearbeitung verstärken. Doch auch hier gilt: Die richtige Beleuchtung des Fotos ist immer noch wichtiger als alle Künste beim nachträglichen Retuschieren.